Antibiotika zur Prävention von STI: Chancen und Herausforderungen

Bakterielle STIs wie Syphilis und Gonorrhö sind weltweit auf dem Vormarsch – können prä- und postexpositionelle Antibiotika sie stoppen?

Interview mit Prof. Henry de Vries (engl.)

Epidemiologische Trends und der Einsatz von Antibiotika

In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich ein deutliches Muster herausgebildet: Während die HIV-Infektionsraten dank Präventionstechniken wie PrEP und "Treatment as Prevention" zurückgehen, steigen die Raten bakterieller STIs an. Insbesondere Syphilis, Gonorrhö und Chlamydien sind auf dem Vormarsch. Postexpositionelle Antibiotika, wie Doxycycline (DoxyPEP), haben sich in Studien als wirksam gegen Syphilis und Chlamydien erwiesen, jedoch nicht gegen Gonorrhö, was auf die zunehmende Antibiotikaresistenz zurückzuführen ist.

Risiken der Antibiotikaresistenz

Der zunehmende Einsatz von Antibiotika wie Doxycycline zur Prophylaxe birgt erhebliche Risiken, insbesondere die Entwicklung resistenter Bakterienstämme. De Vries betont die Bedeutung des rationalen Antibiotikaeinsatzes, da eine unkontrollierte Anwendung den Zeitpunkt, an dem Antibiotika wie Ceftriaxon gegen Gonorrhö versagen, schneller herbeiführen könnte. Prognosen gehen davon aus, dass bis 2050 weltweit 10 Millionen Menschen jährlich an nicht behandelbaren bakteriellen Infektionen sterben könnten, wenn die Antibiotikaresistenz weiter zunimmt.

Rolle der Dermatologie bei der STI-Prävention

Dermatologen spielen eine entscheidende Rolle bei der Erkennung und Behandlung von STIs wie Syphilis und Mpox. Ihre Expertise in der Interpretation klinischer Hautveränderungen macht sie zu unverzichtbaren Akteuren in der STI-Diagnostik. Gleichzeitig weist de Vries darauf hin, dass dermatologische Kliniken oft nicht schnell genug auf akute Infektionen reagieren können, weshalb Schulungen für andere medizinische Fachkräfte unerlässlich sind.

DoxyPEP und der Paradigmenwechsel in der Chlamydien-Diagnostik

Während DoxyPEP in vier Studien eine gute Wirksamkeit bei der Prävention von Syphilis und Chlamydien gezeigt hat, bestehen Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen auf das Mikrobiom und der Entwicklung von Resistenzen. De Vries betont, dass derzeit keine ausreichenden Daten vorliegen, um eine breite Anwendung von DoxyPEP zu empfehlen. Zudem schlägt er vor, asymptomatische Chlamydien-Infektionen nicht routinemäßig zu testen, da diese selten zu ernsthaften Langzeitfolgen führen.

Fazit

Die Prävention von bakteriellen STIs steht vor neuen Herausforderungen, insbesondere durch die zunehmende Antibiotikaresistenz. Während postexpositionelle Antibiotika wie Doxycycline vielversprechend gegen bestimmte Infektionen wirken, bleibt der verantwortungsvolle Einsatz essenziell, um Resistenzen zu vermeiden. Dermatologen spielen eine Schlüsselrolle bei der Früherkennung und Behandlung von STIs und müssen in der Prävention auf eine Mischung aus klinischem Wissen und rationalem Einsatz von Antibiotika setzen, um langfristig wirksame Strategien zu entwickeln.
 

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