KBV und GKV-Spitzenverband haben sich darauf verständigt, dass Praxen mit energieintensiver Geräteausstattung im Jahr 2023 Finanzhilfen bekommen. Anspruchsberechtigt sind Praxen, die Leistungen folgender EBM-Abschnitte abrechnen: 25.3.2 (Hochvolttherapie), 34.3 und/oder 34.4 (Computertomographie oder Magnet-Resonanz-Tomographie) oder Abschnitt 40.14 (Kostenpauschalen für die Behandlung mit renalen Ersatzverfahren und extrakorporalen Blutreinigungsverfahren), wenn die zusätzlichen Stromkosten 500 Euro oder mehr betragen. Ausgeglichen werden Stromkosten über einem Kilowattstundenpreis von 29 Cent zu 95 Prozent. Die Finanzhilfen werden quartalsweise abgerechnet. Die Einbeziehung weiterer Praxen, wie von der KBV gefordert, hatte der GKV-Spitzenverband abgelehnt.
Der zu Beginn der Corona-Pandemie vor drei Jahren beschlossene Aufbau einer „Nationalen Reserve Gesundheitsschutz“ findet de facto nicht statt. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums sind für die Phasen zwei und drei der Beschaffung bislang keine Haushaltsmittel für die Konzeptionierung und die Beschaffungen zugewiesen. Das betrifft Schutz- und Medizinprodukte (Phase zwei) sowie die Institutionalisierung einer heimischen Produktion (Phase drei) für den Aufbau der Reserve. Zu Beginn der Pandemie hatte das Bundesgesundheitsministerium vor dem Hintergrund weltweiter Knappheit aufgrund sprunghaft gestiegener Nachfrage und Lieferkettenunterbrechungen Milliardenbeträge für Phantasiepreise bezahlt. Die Reaktion darauf sollte eine Diversifizierung der Lieferanten sowie der Aufbau einer deutschen/europäischen Produktion sein. Unternehmen, die sich dabei engagierten, sind bislang gescheitert, weil die Behördenpraxis – Beschaffung nur vom billigsten Anbieter, meist aus China – sich nicht geändert hat.
Die deutsche Gesundheitswirtschaft verzeichnet für 2022 mit 7,9 Prozent Rekorde beim Allzeitwachstum und auch im Vergleich zu anderen Branchen. Die Bruttowertschöpfung erreichte 439,6 Milliarden Euro, das entspricht 12,7 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung. Dies geht aus Daten der gesundheitswirtschaftlichen Gesamtrechnung des Bundeswirtschaftsministeriums hervor. Auch im langjährigen Durchschnitt liegt das Wachstum der Gesundheitswirtschaft mit jährlich 4,6 Prozent deutlich über dem der Gesamtwirtschaft von 3,5 Prozent. Lediglich im ersten Coronajahr 2020 sank die Wertschöpfung in Medizin, Pflege und Gesundheitsindustrie 0,7 Prozent. Auch die Beschäftigung erreichte im vergangenen Jahr mit 8,1 Millionen Erwerbstätigen einen neuen Höhepunkt.
Größter Sektor der Branche ist die medizinische Versorgung (Kliniken, Arzt- und Zahnarztpraxen sowie Pflege) mit 232 Milliarden Euro (52,7 Prozent). Hier sind 64,4 Prozent der Erwerbstätigen der Gesundheitswirtschaft beschäftigt. Ein Rekordwachstum erreichte die industrielle Gesundheitswirtschaft (Pharma und Medizintechnik) mit einem Wachstum von 14,9 Prozent auf 103 Milliarden Euro. Ursächlich dafür sind unter anderem Schutzimpfungen sowie Nachholeffekte im Vergleich zu den beiden Vorjahren. Der dritte Teil der Gesundheitswirtschaft – Sport, Wellness und Gesundheitstourismus sowie Verwaltung – erreichte eine Wertschöpfung von 105 Milliarden Euro. Der Außenhandelsüberschuss der Gesundheitswirtschaft betrug 20,7 Milliarden Euro. Exporte stiegen um 7,4, Importe um 7,4 Prozent. Der Hauptteil des Außenhandelsvolumens entfällt auf die industrielle Gesundheitswirtschaft, die in hohem Maße international arbeitsteilig wirtschaftet.
Jeden Monat machen Kliniken in Deutschland ein Minus von 740 Millionen Euro aufgrund der gestiegenen Energiekosten. Seit Ausbruch des Ukrainekrieges ist das Defizit nach Berechnungen des Deutschen Krankenhaus-Instituts auf 8,95 Milliarden Euro gestiegen. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft kritisiert, dass die Finanzhilfen des Bundes in Höhe von insgesamt sechs Milliarden Euro praktisch unwirksam sind, weil mit dem Monat März 2022 ein Referenzzeitpunkt gewählt wurde, zu dem die Energiepreise schon stark gestiegen waren. Wenn die Krankenhäuser nicht rasch entlastet würden, wachse das Insolvenzrisiko mit der Gefahr von Versorgungseinschränkungen.
Hatten Vertragsärzte im Jahr 2014 von rund 17 Millionen Patienten mit einer Infektion der oberen Atemwege noch fünf Millionen ein Antibiotikum verordnet, so erhielten 2021 von knapp 18,5 Millionen Patienten nur noch zwei Millionen ein solches Arzneimittel. Vor dem Hintergrund drohender Antibiotikaresistenzen verschreiben Ärzte diese Medikamente deutlich kritischer, aber auch in der Bevölkerung sei die Sensibilität für das Problem gewachsen, so das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung. Besonders deutlich seien die Veränderungen in der Pädiatrie: Hier erhielten aktuell nur noch sechs Prozent der Kinder und Jugendlichen bei einer Infektion der oberen Atemwege ein Antibiotikum.
Die Bundesärztekammer sowie ärztliche Verbände und Fachgesellschaften haben Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach aufgefordert, die seit 1983 nur einmal (vor 30 Jahren) in Teilen korrigierte GOÄ dringend umfassend zu reformieren und nicht weiter aus ideologischen Gründen eine Novellierung zu verweigern. Es werde immer schwieriger, neue Leistungen über Analogbewertungen adäquat zu vergüten. Dringend geboten sei eine Aufwertung zuwendungsintensiver Leistungen.
Die Bundesärztekammer weist darauf hin, dass sie mit dem PKV-Verband und der Beihilfe ein konsentiertes Konzept erarbeitet und damit die für die Reform erforderlichen Vorarbeiten geleistet habe. Konsentiert sind bislang allerdings nur das Leistungsverzeichnis und ein neuer Rechtsrahmen mit einem Prozedere für die Aufnahme neuer Leistungen. Erst vor kurzem hat die PKV darauf hingewiesen, dass eine Einigung über die Bepreisung der einzelnen Leistungen noch aussteht. Ein Exemplar des neuen Leistungsverzeichnisses wurde Lauterbach bereits beim Ärztetag 2022 übergeben – seine Reaktion darauf war ausgesprochen zurückhaltend.