Die Systemtherapie des frühen Mammakarzinoms

In den letzten 1,5 Jahren wurden einige neue Therapieoptionen beim frühen Mammakarzinom zugelassen, sodass die Therapie noch effektiver, aber vor allem an das jeweilige Rückfallrisiko angepasst wurde.

Wie sieht die Systemtherapie bei unterschiedlichen Typen des frühen Mammakarzinoms aus?

Ein Überblick über die kürzlich zugelassenen neuen Therapieoptionen bei verschiedenen Typen des frühen Mammakarzinoms:  

Triple-negatives Mammakarzinom

Bei der neoadjuvanten Therapie des triple-negativen Karzinoms (TNBC) wurde durch die Publikation der BrighTNess-Studie (DOI: 10.1016/S1470-2045(18)30111-6) und dem damit verbundenen EFS-Benefit der Stellenwert von Platin bestätigt. Die beste Datenlage existiert aktuell dabei für Tumoren ab cT1c N0.

In der KEYNOTE-522 Studie (DOI: 10.1056/NEJMoa2112651), die den Stellenwert von Pembrolizumab in der Neoadjuvanz/Postneoadjuvanz untersuchte, war Platin ebenfalls Teil der Chemotherapie. So ist die neoadjuvante Therapie mit Pembrolizumab in Kombination mit 12 x Paclitaxel/Carboplatin wöchentlich gefolgt von 4 x EC bei nodalnegativen Tumoren ab 2cm und bei nodalpositiven Karzinomen unabhängig von der Tumorgröße zugelassen. Vor allem Patientinnen mit non-pCR haben einen statistisch signifikanten EFS-Benefit von Pembrolizumab, das aber auch bei pCR für insgesamt 12 Monate gegeben werden sollte.

BRCA1/2mt

Bei BRCA1/2-Mutationsträgerinnen konnte für den Einsatz von Olaparib in der OlympiA-Studie (DOI: 10.1016/j.annonc.2022.09.159) sogar ein statistisch signifikanter OS-Vorteil gezeigt werden. Patientinnen, die in die Studie eingebracht werden konnten, waren: adjuvant: TNBC, ≥pT2 oder ≥N1 oder HR+, ≥4 positive Lymphknoten, post-neoadjuvant: TNBC, non-pCR oder HR+ non-pCR und CPS-EG-Score ≥3. 

HER2+

Beim HER2+ Mammakarzinom wünschen wir uns schon länger, eine valide Deeskalationsstrategie zu etablieren. Vor allem für die triple-positive Population, von der wir wissen, dass sie zu etwa 30% auf Luminal-B-Tumoren besteht. Tolle Daten liefert dazu die PHERGain-Studie (DOI: 10.1016/S1470-2045(21)00122-4), bei der durch den Nachweis eines frühen Therapieansprechens bei HER2+/HR+/HR- mittels PET-CT ein 3-Jahres-DFS von 98,8% erzielt werden konnte. Die Daten der APT-Studie ermöglichen uns bereits jetzt schon, in der Adjuvanz bei Tumoren von 2 cm, pN0, HER2+/HR+ mit einer "abgespeckten" Chemotherapie (12 x Paclitaxel weekly + 1 Jahr Trastuzumab) zu arbeiten. Dieses Konzept sollte jedoch nicht neoadjuvant eingesetzt werden, da dieses Schema nicht Teil der KATHERINE-Studie (DOI: 10.1038/s41523-022-00477-z) war und die Patientinnen folglich bei non-pCR kein T-DM1 erhalten könnten.

HR+

Nach der Zulassung des CDK4/6-Inhibitors Abemaciclib (monarchE-Studie; DOI: 10.1016/S1470-2045(22)00694-5) bei ≥4 positiven Lymphknoten oder 1-3 positiven Lymphknoten und G3 oder einem Tumor von >5 cm mit einem über die 2-, 3- und 4-Jahresanalyse steigenden signifikanten Vorteil für das iDFS und das DDFS waren nun auch die Daten der NATALEE-Studie für den Einsatz von Ribociclib positiv. In der Studie wurden allerdings auch Patientinnen mit intermediärem Risiko und damit auch nodalnegative Patientinnen behandelt. Das bedeutet, dass der Einsatz der CDK4/6-Inhibitoren, nach Zulassung von Ribociclib, einer wesentlich breiteren Population zur Verfügung stehen wird als aktuell.

Rückfallrisiko entscheidend bei der Systemtherapie des frühen Mammakarzinoms

Es lässt sich also festhalten, dass der Fokus darauf liegt, herauszufinden, wer ein hohes Rückfallrisiko hat und somit einer Therapieeskalation bedarf, und wer bei niedrigem Risiko einer Therapiedeeskalation zugeführt werden darf. Dabei können uns Tools für ein frühes Therapieansprechen, beispielsweise MRT und PET-CT, klinisch-pathologische Marker und eine response-guided therapy mit pCR/non-pCR und daraus resultierender post-neoadjuvanter Therapie helfen. 

Über den Autor Prof. Dr. med. Marc Thill

Prof. Dr. Marc Thill ist Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe und Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie, Agaplesion Markus Krankenhaus, Frankfurt am Main. 

Zuvor war er als u.a. als Leitender Oberarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Sana Klinikum Offenbach GmbH, und an der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, tätig. 

Prof. Thills klinischer und wissenschaftlicher Schwerpunkt ist die Behandlung von Brustkrebs. Seit 2008 besitzt er die Schwerpunktbezeichnung „Gynäkologische Onkologie”, das Zertifikat der European Academy of Senology und DEGUM-Stufe II Mammasonographie. Seit 2012 hat Prof. Thill das Zertifikat Brustoperateur nach den Qualitätskriterien der Arbeitsgemeinschaft für ästhetische, plastische und wiederherstellende Operationsverfahren in der Gynäkologie (AWOgyn). Er ist Mitglied zahlreicher Fachgesellschaften und Leiter vieler klinischer Studien zur Erforschung der Behandlung von Brustkrebs.

Weitere Informationen zur Therapie des Mammakarzinoms

Senologie-Kongress 2023

Mehr Highlights vom Senologiekongress finden Sie in unserer Kongressberichterstattung.

Charité Mayo Conference

Fachbereich Gynäkologie/ Onkologie

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