Die "30-Tages-Mortalität" wird in den chirurgischen Fachbereichen als Parameter genutzt, der den Erfolg eines operativen Eingriffs mitbestimmt. Forscher des Johns Hopkins Hospital in Baltimore zweifelten diese Verwendung des Parameters jedoch an und untersuchten die Validität kürzlich bei Patienten nach Herzoperationen.
Die Analyse der 595.000 Patientendaten umfasste einen postoperativen Zeitraum von 60 Tagen. Auffällig zeigten sich in den Ergebnissen zwei Mortalitätsgipfel. Die erste Zunahme konnte am sechsten Tag postop und der zweite Anstieg am 30. postoperativen Tag beschrieben werden, sodass die Verwendung des Parameters "30-Tages-Mortalität" als obsolet erscheint. Direkte postoperative Komplikationen konnten mit dem ersten Mortalitätsgipfel in Bezug gesetzt werden. Welche Faktoren den zweiten Gipfel verursachen, ist jedoch unklar.
Kennen Sie die Verwendung der 30-Tages-Mortalität als Parameter für den Erfolg eines operativen Eingriffs? Würden Sie ihn nach Betrachtung der vorliegenden Ergebnisse weiterhin nutzen? Welche Faktoren lassen sich Ihrer Meinung nach eher für den Therapieerfolg verwenden?
Studiendetails: Temporal Changes in Survival after Cardiac Surgery Are Associated with the Thirty-Day Mortality Benchmark. Veröffentlicht in: Health Serv Res. 2014 Apr 9. doi: 10.1111/1475-6773.12174
-Jetzt bin ich krank und hab kein Internet!-
Dany Boon kenne ich noch aus "Willkommen bei den Sch’tis", als er 2008 mit unglaublich charmanter französischer Situationskomik punktete. An diesen Erfolg versucht Boon jetzt mit dem „Super-Hypochonder“ anzuschließen. Auch dieses Mal agiert er wieder in der Superlative: als Drehbuchautor, Regisseur und Hauptdarsteller.
Im Februar dieses Jahres veröffentlichte eine Forschungsgruppe der Charité Berlin ihre Studienergebnisse in der Fachzeitschrift „Neuropsychopharmacology“. Sie untersuchten den Einfluss von Kortisol auf die Fähigkeit Mitgefühl zu empfinden.
Die physiologische Kortisol-Produktion hat vielfältige Auswirkungen auf den menschlichen Körper. Im Gehirn stimuliert Kortisol zwei verschiedene Rezeptortypen, einen Mineralkortikoid- und einen Glukokortikoid-Rezeptor. Innerhalb der Studie wurde durch die Gabe von Fludrokortison der Mineralkortikoid-Rezeptor der Studienteilnehmer stimuliert. Auf die bildhafte Darstellung von Emotionen reagierten stimulierte TeilnehmerInnen mit deutlich mehr Empathie. Die pharmakologische Beeinflussung der Fähigkeit Mitgefühl zu empfinden kann möglicherweise, so hofft man, in der Behandlung spezieller psychischer Störungen genutzt werden.
Für welche Krankheitsbilder könnten diese Studienergebnisse therapierelevant sein? Könnten auch psychisch gesunde Personen im Hinblick auf Maßnahmen zur Stressbewältigung von dieser Untersuchung profitieren? Schreiben Sie uns Ihre Meinung!
Stefan Lanka. Na, klingelt es da im Hinterstübchen? - Ja genau, das ist dieser promovierte Mikrobiologe, der schon seit Jahren die Existenz des HI-Virus in Frage stellt. Als wäre das noch nicht genug, tritt er öffentlich auch gern als bekennender Impfgegner auf. Seiner Meinung nach gibt es nämlich keine krankmachenden Viren und Bakterien, deswegen erfülle Impfung auch keinen Zweck. Er war sich seiner diesbezüglich so sicher, dass er 100.000 Euro für denjenigen auslobte, der ihm die Existenz des Masernvirus belegen könne.
Der damalige Medizinstudent David Bardens ließ sich die Ernsthaftigkeit dieses Angebots bestätigen. Nach einer Recherche schickte er dann die wissenschaftlichen Dokumente (samt Kontonummer) nach Langenargen, wo der werte Herr Lanka am Bodensee residiert. Herr Lanka aber verweigerte unhöflicherweise die Auszahlung des Preisgeldes und das auch nach mehrfacher Aufforderung. Nun zieht Herr Bardens vor Gericht.
Wir sind sehr gespannt, wie diese Verhandlung ausgehen wird. Der mittlerweile fertig studierte Arzt Bardens plant das Geld (sollte er es denn erhalten) für Impfkampagnen in Entwicklungsländer zu spenden. Das wäre doch eine sehr schöne Zeichensetzung.
Es ist schon lange bekannt, dass die kognitiven Fähigkeiten im Alter abnehmen. Neben regelmäßiger körperlicher Aktivität wird daher auch ein Training der Gedächtnisleistung empfohlen. Viele Senioren wissen jedoch gar nicht von den hierfür bestehenden Angeboten in Ihrer Umgebung.
In Berlin wurde beispielsweise bereits 1995 der Verein „Pro Seniores Berlin e.V.“ gegründet, um Personen im Rentenalter stetig neue geistige Herausforderungen zu ermöglichen. Sie organisieren und entwickeln Kursangebote für Senioren an der Charité Berlin. So können sowohl kostenfreie Vorlesungen besucht als auch auch Kurse gegen eine geringe Gebühr absolviert werden. Dabei betreffen die Angebote aber nicht nur medizinische Fachgebiete. So finden beispielsweise auch Lehrveranstaltungen in den Bereichen Architektur, Kunst, Musik und Naturwissenschaften statt.
Die Seniorenuniversität der Charité geht mit gutem Beispiel voran. Weitere Informationen hierzu finden Sie unter: http://www.proseniores-berlin.de/.
Kennen denn auch Sie ähnliche Angebote in Ihrer Umgebung und empfehlen diese Ihren älteren Patienten?
Ein definitiv zu korrigierender Mangel in Deutschland: Laut ärzteblatt geben nur knapp 30% der Ratgeberbroschüren korrekte ernährungswissenschaftliche Angaben und Empfehlungen.
Allgemein ist das Stillen bis zum vierten bis sechsen Monat empfohlen und danach der Übergang zur Beikost. Welche Ratschläge bezüglich Stilldauer und Ernährung geben Sie Ihren Patientinnen? Das Informationsdefizit in diesem Bereich wird im Klinikalltag noch immer häufig bestätigt. Das "beste" Beispiel hierfür ist das Nursing Bottle Syndrom, das uns viel zu häufig in der Klinik begegnet und dessen Inzidenz auf reine Unwissenheit und Unbedachtheit zurückzuführen ist. Mit einem umfassenden Programm, das eine entsprechend mediale verbereitung erführe, ließen sich die Fälle deutlich reduzieren.
Beurteilen Sie die Situation ähnlich? Ist das Nursing Bottle Syndrom auch Ihnen ein ständiger Begleiter auf Station? Die präventive Aufklärung und Information ist in den Kliniken durchaus gegeben, sehen Sie die Ursache der Problematik eventuell an einer anderen Stelle?
Der Fall der jungen Patientin Yvonne Herber, die mit 40 Jahren an Alzheimer erkrankte, hat mich sehr beschäftigt. Die Reportage der ARD "Leben, lieben, vergessen" hat die Geschichte sehr einprägsam und emotional dargestellt und wird mit Sicherheit viele Zuschauer bewegt haben.
Eine Botschaft, die bei dieser Geschichte wahrscheinlich nicht im Vordergrund stand, ist mir dadurch allerdings sehr ins Bewusstsein gedrungen. Es handelt sich um die Differentialdiagnostik von Demenzen. Aufgrund des Alters wurde die Patientin eingehend und eindeutig diagnostiziert. Viele ältere Patienten mit Demenz erfahren keine genaue Differentialdiagnostik. Diese ist allerdings gerade in diesem Bereich sehr wichtig und kann eventuell Leben retten, indem es eine als Demenz erscheinende Erkrankung aufklärt.
Natürlich ist der zeitliche Aufwand zur Überprüfung in der Klinik nicht immer umsetzbar; aber wir sollten zumindest anamnestisch feststellen, ob die Diagnose der Demenz neurologisch bestätigt wurde. In Verdachtsfällen sollten wir zumindest den Angehörigen dazu raten, einen Neurologen zu konsultieren oder bestenfalls selbst ein Konsil anfordern.
Wie ist Ihr Vorgehen bei solchen Fällen in der Klinik, vertrauen Sie jeder diagnostizierten Demenz?
Erst kürzlich erschienen neue Studienergebnisse zur Neuroprotektion im Wissenschaftsjournal „Nature“. Bisher waren die Mechanismen zum Schutz vor neurodegenerativen Prozessen im Alter ungeklärt. Ein Forscherteam aus Boston liefert nun Hinweise auf einen molekularen Stressschutz.
Es wird angenommen, dass das sogenannte „REST“-Protein (repressor element 1-silencing transcription factor) in den Neuronen der Großhirnrinde und des Hippocampus Gene reguliert, sie somit vor Zelltod schützt und außerdem die Widerstandsfähigkeit der Zellen gegenüber Stress erhöht.
In Neuronen von Alzheimer-Patienten konnte überdies die Abwesenheit von „REST“ nachgewiesen werden; im Tiermodell konnte dieses Ergebnis reproduziert werden. Genetisch veränderte Mäuse, denen die Fähigkeit zur „REST“-Bildung im Alter fehlte, wiesen im Gehirn die gleichen degenerativen Veränderungen wie Alzheimer-Patienten auf. Diese Beobachtungen festigen die Annahme der Notwendigkeit der „REST“-Produktion für die natürliche Neuroprotektion.
Auf Basis dieser neuen Erkenntnisse, wird nun nach möglichen Therapiestrategien zur Steigerung der „REST“-Produktion gesucht.
Für Interessierte hier der Link zur Studie:
http://www.nature.com/nature/journal/vaop/ncurrent/full/nature13163.html
Bei rund 30 Prozent aller Schlaganfälle kann keine konkrete Ursache ausgemacht werden. Ein Kandidat auf der Liste stellt dabei auch immer das paroxymale Vorhofflimmern dar. Dieses zu diagnostizieren, gestaltet sich allerdings schwierig. Auch bei einem Langzeit-EKG können VHF-Episoden nicht zuverlässig ausgeschlossen werden.
Die CRYSTAL-AF-Studie, die jüngst bei der International Stroke Conference (ISC) in San Diego vorgestellt wurde, zeigte dass Langzeitmonitoring zur Aufdeckung von VHF nach kryptogenen Schlaganfall wesentlich besser geeignet ist. Dazu wird dem Patienten subkutan im Brustbereich ein kleiner Herzmonitor (z.B. REVEAL XT, circa so groß wie ein USB-Stick) implantiert. Die Entdeckungsrate von VHF war in dieser Studie um den Faktor 6 bis 7 höher.
Für den Patienten ist die Entdeckung des VHF von großer Bedeutung. Nach den Leitlinien erhalten Patienten nach kryptogenem Schlaganfall nämlich eine Sekundärprophylaxe mit Thrombozytenaggregationshemmern. Wurde ein Vorhofflimmern festgestellt, wird bekannterweise mit einem Antikoagulanz behandelt und der Patient ist wesentlich besser vor einem zweiten Schlaganfall geschützt.
Liebes Kollegium, haben Sie bereits Erfahrungen mit solchen Herzmonitoren machen können? Was ist Ihre Meinung: Wird der Herzmonitor bald zum Goldstandard zur VHF-Diagnostik?
Patientin, 40 Jahre, erhöhter BMI von 30, berichtet von Schwindelattacken vor allem Morgen. Des Weiteren schildert sie eine stark erhöhte Lichtempfindlichkeit und Attacken mit Sehveränderungen in Regenbogenfarben. In letzter Zeit treten zusätzlich Kopfschmerzen und Übelkeit auf.
Zum Ausschluss einer Tumorerkrankung wurde ein CT angefertigt. Hier zeigte sich aber ein unauffälliger Befund des Gehirns. Außerdem wurde durch einen Augenarzt eine Erkrankung der Augen ausgeschlossen. Gerade die Regenbogenfarben sind für mich untypische Zeichen einer Migräne. Was könnte hier diagnostisch noch unternommen werden?
Ein Thema auf dem Chirurgenkongress in Berlin letzte Woche war die Bewertung deutscher Arztserien im öffentlich-rechtlichen TV. Das Urteil ist hart: Im internationalen Vergleich sieht Deutschland ziemlich alt aus, besonders was den Aspekt gesundheitlicher Bildung angeht.
In den USA funktioniere das mit Formaten wie "Dr. House" bereits wunderbar. Der Erfolg dieser Serie auch in Europa spricht für sich. Dazu ist der medizinische Hintergrund derart gut recherchiert, dass selbst deutsche Ärzte dieses Format zur Nachwuchsförderung nutzen. Was aber ist der Unterschied zwischen den deutschen und amerikanischen Medien? Und wo bleibt der Bildungsauftrag in deutschen Formaten?
In den USA bietet die nationale Gesundheitsbehörde medizinische Beratung für Drehbuchschreiber an. Halten Sie das hierzulande für möglich?
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
haben Sie Fragen oder auch Antworten zu den Themen Dyspnoe & Kardiologie? Die besprochenen Themen umfassen sowohl Diagnostik, als auch therapeutische Massnahmen. Fragen können umfassend gestellt werden.
Wir, PD Dr. Hink, Dr. Kroker und Dr. Schmidt, freuen uns Sie hier begrüßen zu können und auf einen regen Austausch mit Ihnen!
Erst vor einigen Tagen passierte es mir, dass ich als diensthabende Internistin in der Rettungsstelle auf meinen Nachfolger warten musste. Der Kollege meldete sich nicht und war telefonisch nicht zu erreichen. Dementsprechend konnte ich nicht abschätzen, wieviel Zeit es mich kosten würde zu warten. Als er schließlich eintraf, murmelte er etwas von Stau und Stress, Handy vergessen und ähnlichem und ich versuchte ihm klar zu machen, dass er beim nächsten Mal zumindest telefonisch Bescheid geben soll.
Diese Situation scheint keine Ausnahme zu sein, denn das Pflegepersonal berichtete mir, dass erst vor kurzem ein Kollege vor demselben Problem stand. Dieser verließ allerdings seinen Arbeitsplatz
und ließ die Rettungsstelle ohne Internisten. Das Pflegepersonal konnte die Zeit bis zum Eintreffen des nächsten diensthabenden Arztes überbrücken, indem sie sich um eine erste Anamnese, Vitalparameter, Blutentnahme usw. bereits kümmerten. Gott sei Dank war das Personal entsprechend erfahren genug und geriet nicht in Panik! Jedem Pfleger ließe sich eine solche Verantwortung allerdings nicht übertragen. Abgesehen davon, befindet sich das Pflegepersonal rechtlich in einer Grenzsituation und handelt auf eigene Gefahr!
Sind wir als diensthabende Ärzte rechtlich dazu verpflichtet, auf unseren Nachfolger zu warten? Denn immerhin gibt es auch private Verpflichtungen, denen wir nachkommen müssen und die manchmal auch einfach nicht zu verschieben sind und Vorrang haben. Liebe Kollegen, wie verhält man sich richtig?
Das Critical Incident Reporting System ( CIRS) ist mittlerweile den meisten bekannt. Es soll als Fehlerberichtssystem Mitarbeiter- und Patientensicherheit in den Kliniken erhöhen, indem anonym (Beinahe-) Fehler gemeldet werden können. Bei entsprechend schwerwiegenden Vorfällen wird das Klinikmanagement eingeschaltet und es werden schlussfolgernde Maßnahmen festgelegt.
Die Mitarbeiter werden dann via Intranet darüber informiert. Theoretisch eine gute und sinnvolle Idee, allerdings musste ich erst neulich eine negative Erfahrung mit diesem System machen. Ich ordnete bei einem Patienten auf der Intensivstation ein bestimmtes Medikament an, das den Pflegern und Schwestern offenbar nicht geläufig war. Es war Freitag, ich hatte Dienstschluss und meinen Arbeitsplatz bereits verlassen. Allerdings habe ich für Rückfragen meine Handynummer auf Station hinterlegt und das Personal darüber informiert, dass sie mich bei dringenden Fragen ungehemmt anrufen dürfen. An dieser Stelle hätte ein Anruf genügt, innerhalb einer Minute wäre das Problem geklärt gewesen. Diese Möglichkeit zogen sie allerdings nicht in Erwägung, sie fragten den diensthabenden Assistenzarzt, der das Medikament ebenso wenig kannte.
Da sie es auch im System nicht fanden, schrieben sie unverzüglich eine Meldung ins CIRS- OHNE sich vorher bei mir zu informieren oder nachzufragen. Viel schlimmer noch ist allerdings die Tatsache, dass der Arbeitsalltag daraufhin weiterging, sie vergaßen das Medikament und der Patient erhielt es über das Wochenende nicht! Erst am Montag, als ich auf Arbeit zurückkam, klärte sich die Situation. Dem Patienten scheint es nicht geschadet zu haben, dennoch: die Therapie verlief nicht nach Anordnung und in einem anderen Fall könnte das schwerwiegende Konsequenzen bedeuten.
Wir haben die Problematik geklärt; die Kollegen wissen nun darüber Bescheid, dass sie mich in solchen Fällen tatsächlich ohne Zögern telefonisch erreichen können und CIRS Meldungen in anderen Situationen Sinn machen. Mich interessiert: ist das System mittlerweile in allen Kliniken geläufig? Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht, konnten Missstände tatsächlich verbessert werden?
Als Literaturempfehlung, die uns zum Nachdenken anregen sollte: In „Eidesbruch“ rechnet Michael Imhof mit profitsüchtigen Ärzten ab, bei denen das Patientenwohl in den Hintergrund rückt. Schuld seien die von ihm so genannten und näher erläuterten sieben Todsünden: Kommerzialisierung, Geldgier, Habsucht, Korruption, ethische Probleme, fehlendes Mitleid und Machbarkeitswahn.
Als Kommerzialisierung von Krankheit und Leben beschreibt er das leistungsorientierte Vorgehen der Kliniken, die ausschließlich gewinnorientiert handeln und durch Fallpauschalen ein Umdenken auslösten. Als prägnanter Beleg für den Leistungsdruck wird die Anzahl an Hüft TEPs angeführt, die in Deutschland 200.00 und in Rest- Europa 300.000 jährlich betrage.
Nachfolgend werden geldgierige Pharmaunternehmen, die durch die Finanzierung ihres Marketings die Medikamentenpreise in utopische Höhen heben, kritisiert. Weiterhin wird das System der selbst zuzahlenden Zusatzleistung IGeL und die Prämien zwischen Kliniken und Praxen als Habsucht und Korruption angefechtet.
Gefälschte Studienergebnisse erläutert er als ethische Probleme des Systems. Fehlendes Mitleid sieht er als Ursache der Überstrapazierung von Behandlungen aufgrund wirtschaftlicher Profite. Den Machbarkeitswahn stellt er schließlich als die Sünde dar, die beispielsweise die „Hormonmangelsuche“ nach zusätzlichen Verdienstmöglichkeiten und die Erfindung neuer Krankheiten begründet.
Kurzgefasst: Unser System wird von wirtschaftlichen Zielen geleitet und verliert zunehmend an Menschlichkeit. Wie beurteilen Sie die Situation?
QUELLE
Liebe Kollegen,
die Zahl der dementen Patienten in meiner hausärztlichen Praxis steigt kontinuierlich. Immer öfter erlebe ich, dass Medikamente von den Patienten selbst gänzlich abgesetzt, vergessen oder falsch eingenommen werden. Nun gebe ich bereits seit einem guten Jahr jedem einzelnen Patienten meiner Praxis eine genaue Medikationsliste mit und trotzdem erfahre ich immer wieder von den Angehörigen, dass Medikamente nicht rechtmäßig von ihren dementen Familienmitgliedern eingenommen werden. Diese Vorfälle sorgen natürlich auch für familiäre Streitigkeiten und ich werde oft als "letzte Instanz" konsultiert...
Erst kürzlich hatte ich einen Patienten, der Schmerztabletten fälschlicherweise anstelle seiner Gichtmedikation einnahm, sodass ein erneuter Gichtanfall und bedrohliche Nierenfunktionsparameter resultierten. Gerade die älteren Patienten nehmen oftmals viele Medikamente, sodass es bei fehlerhafter Einnahme zu gefährlichen Interaktionen und Wirkungsverstärkung und –reduktion kommen kann.
Kennen Sie diese Problematik und mit welchen Strategien könnte man eine rechtmäßige Medikamenteneinnahme gewährleisten?
Der Präsident des BfArM Schwerdtfeger empfiehlt im Gesundheitsausschuss Levonorgestrel von der Rezeptpflicht zu befreien. Das begründet er mit der guten Erfahrung, die mit dieser Wirksubstanz in den letzten Jahren gemacht werden konnte. So gebe es bei rund fünf Millionen Anwendungen nur zwei dokumentierte Fälle eines Verdachts auf unerwünschte Nebenwirkungen.
Es existiert ein zweiter Wirkstoff auf dem Markt: Ulipristal. Der große Vorteil ist die längere Wirkeffizienz. Es kann nämlich bis zu 5 Tage nach dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden. Im Mai entscheidet die EMA über die Rezeptfreiheit dieses Notfallverhütungsmittels. Interessant ist in diesem Fall die Meinung des BfArM: Ulipristal könne im Gegensatz zu Levonorgestrel auch als Abtreibungspille angesehen werden. Der Wirkstoff hat Einfluss auf die Gebärmutterschleimhaut und kann daher auch dazu führen, dass eine eingenistete Eizelle wieder abstoßen werde. Über diesen Mechanismus könnte auch die längere Wirkeffizienz erklärt werden. Daher, so Schwerdtfeger, sollte dieses Medikament weiter der Rezeptpflicht unterstehen.
Liebe Kollegen, welches Mittel bevorzugen Sie im Klinikalltag? Klären Sie Ihre Patienten hinsichtlich der Wirkstoffe unterschiedlich auf?Bevorzugen Sie aus eigenen moralischen Gründen eine der beiden Notfallkontrazeptiva?
Dass die Zeitumstellung von Sommer- auf Winterzeit und umgekehrt insgesamt strittig ist, ist meiner Meinung nach unstrittig. Jedoch wurde meiner Meinung nach vor der Zeitumstellung im oktober 2013 ganz im Gegensatz zu den letzten Jahren, weniger eben darüber diskutiert oder in den Medien berichtet und dafür mehr über praktische Aspekte in der Vorbereitung informiert worden. So gab es beispielsweise mehrere Beiträge über die Vorbereitung von Kindern auf den „Mini-Jetlag". So sei es im Herbst zum Beispiel sinnvoll Kinder in der Woche vor der Zeitstellung täglich ca. 5-10 Minuten später ins Bett gehen zu lassen, damit sie am Ende der Woche in kleinen, physiologisch besser zu bewältigenden Schritten bereits mit der neuen Zeit leben und somit besser zurecht kämen.
Allerdings müsste man die Kinder dann morgens auch entsprechend länger schlafen lassen. Inwieweit das mit Kita, Kindergarten oder Schule vereinbar ist, kann ich schlecht einschätzen. Ich kann mir aber vorstellen, dass dieser Punkt schwerer umzusetzen ist. In jedem Fall empfand ich die "neue" Herangehensweise (weniger Beschwerden, mehr praktische Tipps) als recht erfrischend in der sich sonst so schnell beschwerenden Gesellschaft.
Haben Sie ähnliches oder gegenteiliges bemerkt und wie sehen sie diese Entwicklung? Und wie sehen Sie den Tipp Kinder langsam auf die Zeitumstellung vorzubereiten? Ist das bei nur einer Stunde überhaupt sinnvoll?
Die Zahl der durchgeführten In-Vitro-Fertilisationen (IVF) nimmt in den letzten Jahren immer schneller zu, ein Trend der auch weiterhin zu beobachten ist.
Bis zum Ende des letzten Jahres kam es bereits zu fünf Millionen solcher Eingriffe. Kritiker warnen daher vor einem leichtfertigen Einsatz. Die Indikation sollte ihrer Meinung nach mit Blick auf die bestehenden Risiken strenger gestellt und das finanzielle Interesse der Institute reglementiert werden. So kommt es bei einer In-Vitro-Fertilisation durch den Einsatz multipler befruchteter Eizellen oftmals zu einer Mehrlingsschwangerschaft, die spezielle Risiken für die Mutter und die Kinder befördert. Außerdem wird angenommen, dass Kinder aus einer IVF im weiteren Lebensverlauf häufiger an Erkrankungen wie Diabetes, Adipositas und Hypertonus leiden.
Haben auch Sie die Zunahme der künstlichen Befruchtungen im Klinikalltag bemerkt? Sind Sie auch der Meinung, dass die Indikation zur Durchführung einer künstlichen Befruchtung enger gestellt werden sollte?
Bronchiektasen werden oft im Zusammenhang mit der Erkrankung Mukoviszidose diagnostiziert. Die Anzahl der Patienten mit Bronchiektasen ohne Mukoviszidose und multiresistenter Keimbesiedlung sowie häufigen Exazerbationen nimmt jedoch auch in Deutschland stetig zu. Für die Behandlung hat sich bislang die Gabe von inhalativen Antibiotika wie Colistin oder Aminoglykosiden in einem on-off-Schema von jeweils einen Monat Dauer bewährt.
Nach vier Zyklen erfolgt eine mikrobiologische Kontrolle des Sputums. Bei fehlendem Erregernachweis wird pausiert und andernfalls das Schema fortgesetzt. Im letzten Jahr konnte zusätzlich die Wirksamkeit der Gabe von inhalativem Ciprofloxacin bewiesen werden (R. Wilson, ERJ 41:1107-15:2013 und D. J. Serisier, Thorax 68; 812-7:2013).
Die beste Therapie der Non-CF-Bronchiektasen sollte jedoch nach wie vor individuell angepasst und von einem Spezialisten beobachtet werden.
Haben Sie bereits entsprechende Patienten behandelt und was macht die Therapie so problemtisch?