In keinem anderen medizinischen Fachbereich entstehen momentan deutschlandweit so viele neue Abteilungen wie in der Geriatrie. Die Medizin des alten Menschen wird natürlich im Hinblick auf den demographischen Wandel immer wichtiger. Das haben nun auch zahlreiche Kliniken aufgenommen und versuchen entsprechende Abteilungen in ihren Häusern zu etablieren.
Der „neue“ Fachbereich boomt! Geriatrische Fachärzte erhalten derzeit zahlreiche Anfragen von Krankenhäusern, da die Chef- und Oberarztstellen der neuen Abteilungen besetzt werden müssen. Geriatrische Kliniken überzeugen vor allem durch ihren ganzheitlichen Behandlungsaspekt. In kaum einem anderen Fachbereich arbeiten Ärzte, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden, Psychologen und der Sozialdienst so eng zusammen wie in der Geriatrie. Assistenzärzte der Inneren Medizin satteln um und bilden sich geriatrisch fort.
Ersetzt die Medizin des Alterns in Zukunft die klassische Innere Medizin?Welchen Vorteil hat eine internistische Abteilung in einer so stark alternden Bevölkerung Ihrer Meinung nach noch gegenüber einer geriatrischen?
Zum 6. European Antibiotic Awareness Day am 18.11.2013 hat die European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) in einem Report u.a. Stellung zu der Verbreitung Carbapenem-resistenter Bakterien genommen. Dabei handelt es sich insbesondere um nosokomial erworbene Infektionen mit Enterobacter oder Acinetobacter baumanni. Vereinzelt gab es auch schon in Deutschland Fälle dieser multiresistenten Keime, vor allem allerdings bisher multiresistente Klebsiellen. Die Bakterien, welche über das Enzym Carbapenemase verfügen, sind in der Lage auch Imipenem, Ertapenem, Meropenem, Doripenem und Tebipenem zu spalten. Vor allem in Griechenland, Italien und Malta haben sich die resistenten Stämme in den letzten drei Jahren stark verbreitet. Da Carbapenem et cetera eigentlich als Ass im Ärmel galten, wird der Behandlungsspielraum in Anbetracht dieser Tatsache nun verschwindend gering. Die Frage ist, wie diese Entwicklung zu Stande gekommen ist und wie man sie aufhalten kann. Ich denke, wir sollten unsere Reservemedikamente verschärft mit größter Sorgfalt einsetzen. Was denken Sie, was zu dieser Ausbreitung resistenter Bakterien geführt hat und müssen wir in unseren Breiten auch bald mit einer Endemie rechnen? Mit kollegialen Grüßen
Die American Heart Association hat kürzlich zusammen mit dem American College of Cardiology einen Vorschlag für neue Cholesterin-Guidelines veröffentlicht. Das neue Behandlungsregime soll die aktuellen NCEP-Leitlinien ersetzen, nach denen die Senkung des LDL-Cholesterins auf einen vorgegebenen Zielwert vorgesehen wird. Patienten mit einem hohen kardiovaskulären Risiko sollten bisher unter der Therapie auf einen LDL-Wert < 100 mg/dl und Hochrisikopatienten sogar auf < 70 mg/dl kommen.
Natürlich ist dem Erreichen eines solchen Zielwertes argumentativ nichts entgegen zu setzen. Doch Fakt ist, dass es unter den aktuellen Leitlinien einen sehr hohen Anteil an Therapieversagen zu verzeichnen gibt, da die Zielwerte in vielen Fällen nicht erreicht werden. Die neuen Cholesterin-Guidelines hingegen orientieren sich nicht an vorgegebenen Zielwerten. Sie sehen die Gabe einer festen Medikamentendosis vor.
Die Statine haben in den vergangenen Monaten vielzählige Schlagzeilen mit ihren positiven Eigenschaften und dem milden Nebenwirkungsprofil gemacht. Warum sollte also der LDL-Wert unter einer festen Dosisgabe nicht so stark wie möglich gesenkt werden? Oder sehen Sie Nachteile für den Patienten unter dem vorgeschlagenen Behandlungsregime?
Mehr Informationen: http://circ.ahajournals.org/content/early/2013/11/11/01.cir.0000437738.63853.7a.full.pdf+html
In Deutschland sterben jedes Jahr rund 70.000 Menschen an einem Herzstillstand, obwohl durch einen Rettungsdienst Wiederbelebungsmaßnahmen durchgeführt worden sind – so die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Daher werden mehr Schulungen zu diesem Thema gefordert. Der Hauptgrund liegt wohl in der allgemeinen Angst, die Wiederbelebungsmaßnahmen falsch durchzuführen.
Laut DIVI sind nur 15.18% der Deutschen bereit, Erste Hilfe bei Kreislaufstillstand zu leisten, während die Ersthelferrate in Holland oder Skandinavien bei rund 60% liegt. Nun will die DIVI die Initiative „Ein Leben retten – 100 Pro Animation“ ins Leben rufen, um auch in Deutschland die Zahl der Ersthelfer zu steigern.
Liebe Kollegen, was halten Sie davon? Besteht nicht ein riesiger Unterschied zwischen einem allgemeinen Ersthelfer und jemandem, der eine Reanimation durchführt? Gibt es Ihrer Meinung nach einen erhöhten Bedarf an Aufklärung?
Es erscheint nicht allzu überraschend, dass Menschen, die auf Hartz-IV angewiesen sind, häufig von psychischen Problemen geplagt werden. Denkbar ist, dass diese bereits zuvor bestanden und zur Arbeitslosigkeit führten oder andersherum.
Für den Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung "Menschen mit psychischen Störungen im SGB II" hatten die Forscher um Dr. Michael Schubert unter anderem Daten der AOK und BKK ausgewertet. Den Daten zu Folge wurde im Jahr 2011 bei vier von zehn AOK-Versicherten Hartz-IV-Empfängern eine psychische Störung festgestellt. 2007 betrug der Anteil noch knapp 33 Prozent. Die häufigste psychische Störung war hierbei die Depression, gefolgt von der somatoformen Störung. Bei beiden Kassen konnte ein Anstieg Letzterer von etwa 9% in den Jahren 2005 und 2007 auf 11% in 2011 beobachtet werden.
Ein weiterer Pfeiler der Untersuchung war die Befragung der Jobcentermitarbeiter, wobei die Schätzungen der Mitarbeiter bezüglich des Anteils psychisch Erkrankter von 5 bis 40% rangierten. Weiterhin sprachen Sachbearbeiter von Überforderungszuständen beim Umgang mit diesen Klienten. Es komme oft zu Missverständnissen, weil Betroffene die Erwartungen der Jobcentermitarbeiter aufgrund ihres Leidens und der damit verbundenen Antriebshemmung nicht erfüllen können.
Die Forscher um Schubert fordern daher u.a. problemorientierte Weiterbildungen, die es den Mitarbeitern erleichtern sollen psychisch Erkrankte zu erkennen und sie adäquat zu betreuen. Wird die Situation seitens der Sachbearbeiter verkannt, könne das die Probleme der Leistungbezieher verschlimmern.
Wie ist ihr Standpunkt zu diese Problematik? Halten sie die Durchführung besagter Weiterbildungen für realistisch?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, haben Sie Fragen oder auch Antworten zur COPD & Spiroergometrie? Besprochene Themenkomplexe bei der Fortbildung waren diesmal interessante kardiopulmonale Fälle im Bereich COPD und Spiroergometrie. Wir, Dr. Fritsch, Dr. Kroidl, Dr. Schmidt und Dr. Kroker, freuen uns Sie hier begrüßen zu können und auf einen regen Austausch mit Ihnen! LINK ZUR FORTBILDUNG: http://www.esanum.de/fortbildung/verbinden/167
Bakterielle Infektionen töten Millionen weltweilt. Patienten werden meist erstmals kalkuliert mit einem Breitbandantibiotikum behandelt, oder dem Antibiotikum, das am ehesten gegen den vermuteten Erreger hilft. Sobald der genaue Erreger bekannt ist, wird auf ein geeigneteres Antibiotikum umgestellt, sofern vorhanden. Dabei können Tage vergehen, sehr wertvolle Tage, die den Patienten das Leben kosten können. Die falsche Anwendung von Antibiotika, also deren zu kurze Anwendung, deren Über- oder Unterdosierung oder die Anwendung über zu lange Zeit des falschen Spektrums führt außer zu eventuellen Todesfällen, auch zur Resistenzbildung von Bakterien.
Forscher der University of Toronto (Kanada) haben nun einen Chip entwickelt, welcher nicht nur das bestimmte Bakterium erkennt, sondern auch weiß, auf welches Antibiotikum der Erreger sensibel und resistent ist. Eine bahnbrechende Erfindung. Der Artikel wurde in der Online Ausgabe von Nature Communications vom 12. Juni 2013 veröffentlicht. Für einige wenige Erreger gibt es bereits solche elektronischen Anwendungen mit genügend hoher Sensitivität und Sensibilität. Was es bis dato noch nicht gab, ist eine Anwendung, welche sehr viele Biomarker abdeckt, sodass fast alle oder bestenfalls alle Erreger damit erkannt werden können. Laut Prof. Shana Kelley und ihrem Team war eine der Hürden eine geeignete Möglichkeit zu finden, sehr viele Elektroden-basierte Sensoren auf einem handlichen Gerät zu platzieren. Sie fanden eine Möglichkeit und testeten den Chip, welcher auf Flüssigkeiten reagiert, um die Erreger von Harnwegsinfektionen und deren Resistenzen zu identifizieren. Es funktionierte, innerhalb von zwei Minuten.
Der Chip ist gerade einmal so groß wie ein Knopf und enthält Silizium. Auf dem Chip befinden sich verschiedene Moleküle, die nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip an bestimmte Erkennungsmerkmale der Krankheitserreger und ihre Resistenzgene binden. In jeder Mikrovertiefung befinden sich andere Moleküle. Kommt eine Bindung zustande, wird ein elektrisches Signal gemessen. Aus der Entstehungsstelle des elektrischen Impulses können die Forscher schließen, an welches Molekül die Probe gebunden hat. So lässt sich das krankheitsauslösende Bakterium oder ein Resistenzgen identifizieren. Mit dem Chip können auch mehrere Bakterien gleichzeitig erkannt werden.
In der Studie arbeiteten Chemiker, Computeringenieure, Biologen, Pharmazeuten und Mediziner zusammen. Wir sind gespannt, wann der Chip marktreif ist, und wann es etwas Vergleichbares auch für Viren und andere Erreger geben wird.
Quelle: Lam B. and Kelley S. O. et al.: Solution-based circuits enable rapid and multiplexed pathogen detection, Nature Communications 2013, doi:10.1038/ncomms3001
Vor der Bundestagswahl entzückte und erzürnte die SPD noch mit der Idee einer Bürgerversicherung. In den Koalitionsverhandlungen scheint sich Herr Lauterbach aber scheinbar doch recht schnell abspeißen zu lassen. So ist es um die Bürgerversicherung doch sehr still geworden, stattdessen wird wohl die Facharzttermingarantie in den Koalitionsvertrag aufgenommen.Wer als gesetzlich Versicherter innerhalb von vier Wochen keinen Termin beim niedergelassenen Vertragsarzt bekommt, soll in ein Krankenhaus gehen können. Die Behandlungskosten dort sollen vom Budget der Kassenärzte abgezogen werden.
Es macht etwas den Eindruck von ungerechtfertigter Bestrafungspolitik. Von der Grundidee liegt es natürlich im Interesse des Patienten, längere Wartezeiten zu reduzieren. Leider gibt es aber absolut keinen Plan, wie man das Grundproblem, nämlich die überlasteten Praxen, beheben möchte. Stattdessen dürfen die Kassenärzte einfach kollektiv für dieses "Konzept" zahlen?!
Mich würde ja die Meinung besonders der Facharztkollegen zu dieser neuen gesundheitspolitischen Errungenschaft interessieren. Hätten Sie vielleicht ein paar Optimierungsvorschläge zu bieten?
Schon seit Jahrzehnten wird vermutet, dass Acetylsalicylsäure auf irgendeine Art der Krebsentstehung entgegenwirkt. Auf dem diesjährigen European Cancer Congress in Amsterdam stellte eine niederländische Arbeitsgruppe interessante Ergebnisse und Theorien zu dieser Thematik vor: Sie hatten festgestellt, dass Aspirin Darmkrebspatienten zu einer Lebensverlängerung verhalf, allerdings nur wenn die Krebszellen HLA-1 auf ihrer Oberfläche exprimierten. Bekannterweise können über dieses Oberflächenantigen Peptide präsentiert werden, die beim Abbau zelleigener Proteine im Proteasom gebildet werden. Immunkompetente Zellen können so entartete Zellen erkennen und diese gegebenenfalls eliminieren. Die Gruppe von Dr. Marlies Reimers vermutet nun, dass Thrombozyten in der Lage sind Krebszellen in der Blutbahn abzuschirmen und das besagte HLA-1 zu verdecken. So können sich die Zellen unerkannt ausbreiten und auch andere Organe und Gewebe befallen. Da Aspirin die Thrombozytenaggregation hemmt, könnte es helfen die Tumorzellen zu demaskieren und somit Immunzellen gegen diese zu aktivieren. „HLA-1 könnte daher als Biomarker herangezogen werden, an dem festgemacht werden kann, welche Patienten nach einer Darmkrebsdiagnose von der ASS-Einnahme profitieren können“, so Reimers in ihrem Vortrag. Ich werde gerade im Bekanntenkreis immer wieder einmal gefragt, was ich denn von einer präventiven Dauertherapie von ASS halte. Es kursierten ja auch schon Gerüchte von einer Lebensverlängerung und dergleichen. Man darf natürlich das Nebenwirkungsprofil von Aspirin nicht außer Acht lassen. Leider gibt es hier wohl keinen Königsweg. Aber wer hat bei diesen Meldungen nicht schon einmal über die Eigentherapie nachgedacht ;)? Mehr Informationen: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/jgs.12033/full
Auf der Suche nach zu Symptomen passenden Diagnosen kann der (nicht mehr ganz) neue Supercomputer Watson innerhalb kürzester Zeit quasi sämtliche Fachliteratur durchkämmen und somit schneller als jeder Arzt auch seltene Diagnosen stellen. Zudem wäre er, im Gegensatz zum Menschen, jederzeit verfügbar. Also zum Beispiel auch, wenn der Hausarzt gerade keine Sprechstunde hat. Andererseits fehlen ihm Einfühlungsvermögen und „Bauchgefühl".
Wo sehen Sie die Zukunft solcher Computer? Sehen Sie sie eher als tolle Ergänzung zum gut ausgebildeten Arzt oder gar in (ferner) Zukunft als Arztersatz oder Alternative zum Arzt?
Die Universität Kassel (Kassel School of Medicine) bietet seit diesem Semester zusammen mit der Universität in Southhampton ein bilinguales Studium an. Dabei wird der Abschluss bereits nach 5 Jahren erreicht, die ersten beiden Jahre in Southhampton, die letzten drei in Kassel. Zudem wird durch eine zusätzliche Forschungskomponente im Studium der Bachelor of Medical Science mit Studienabschluss verliehen. Was halten Sie vom bilingualen Studium und wie sehen Sie die Verkürzung der Studienzeit bei zusätzlichem Forschungsinhalt und -abschluss?
In Großbritannien gibt es Bestrebungen medizinische Apps für das Smartphone verschreibungsfähig zu machen. Der Patient könnte dann zum Beispiel Blutzucker oder Blutdruck dokumentieren und archivieren um eine Art Verlaufskontrolle durchzuführen. Zudem könnte eine solche App sinnvolle Tipps, Tricks, Hinweise und Verhaltensvorschläge bieten, was beispielsweise für Allergiker nützlich wäre. So weit so gut. Leider gibt es aber (noch) keine Qualitätskontrolle bei solchen Apps (wünschenswert wäre zumindest ein TÜV, weiterhin zu achten ist auf eine nachvollziehbare Herstelleradresse für Rückfragen). Trotzdem macht diese Entwicklung einen weiteren Schritt in Richtung Selbstverantwortung gegenüber der Gesundheit, was sicherlich positiv ist, in Bezug auf Screeningmethoden, zum Beispiel Anleitungen zum richtigen Abtasten der Brust bei der selbstständigen Brustkrebsvorsorge. Die Meinung eines spezialisierten Kollegen wird natürlich dennoch fundierter ausfallen. Wie sehen Sie das oder ketzerischer ausgedrückt: Machen uns die Smartphones bald arbeitslos?
Überlebende eines Schilddrüsenkarzinoms versterben gehäuft in Folge von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dafür könnten niedrige TSH-Werte verantwortlich sein. Über 80% der Schilddrüsenkrebspatienten sind nach Resektion und Radiojodbehandlung 10 Jahre später noch am Leben. Jedoch sind sie zeitlebens auf eine TSH-Suppression mittles Thyroxin angewiesen. Das minimiert das Rezidivrisiko, birgt aber auch relevante Nebenwirkungen.
Das Team um Esther Klein Hesselink von der Universität Groningen in den Niederlanden beschrieb in diesem Zusammenhang prothrombotische Effekte, eine verminderte Elastizität der Gefäße sowie eine erhöhte Inzidenz von Vorhofflimmern unter Thyroxintherapie bei Schilddrüsenkrebspatienten. Hesselink und Team untersuchten auch etwaige Auswirkungen auf die Lebenserwartung bei 524 Patienten, die sich zwischen 1980 und 2010 in Gronigen einer Behandlung des Schilddrüsenkarzinoms unterzogen. Die Kontrollgruppe bestand aus 1600 gleichalten krebsfreien Teilnehmern einer bereits stattgefundenen Populationsstudie.
Die Forscher beobachteten, dass die Krebspatienten um das 3- bis 4-fache öfter an an Herzinfarkt und Schlaganfall verstarben, als die Teilnehmer der krebsfreien Kontrollgruppe. Es konnte gezeigt werden, dass diejenigen Patientengruppen mit besonders niedrigen TSH-Werten (unter 0,02 mU/l), die höchsten Sterberaten bei gleichzeitig erhöhter kardiovaskulärer Mortalität aufwiesen. Die kardiovaskuläre Sterberate verdreifache sich in etwa bei Senkung des TSH-Wertes um eine Zehnerpotenz.
Mehr Informationen: http://jco.ascopubs.org/content/early/2013/10/07/JCO.2013.49.1043.abstract
In den USA wird derzeit darüber diskutiert, ob ein regelmäßiges Nierenscreening für Erwachsene ohne jegliche Symptome eingeführt werden sollte. Chronische Niereninsuffizienz ist in den USA die achthäufigste Todesursache, weswegen die American Society of Nephrology (ASN) eine Notwendigkeit zur Früherkennung von den häufig asymptomatisch beginnenden Nierenerkankungen sieht. Tatsächlich ließen sich viele Krankheiten noch in ihrem schleichend progredienten Verlauf frühzeitig erkennen und weiteres Fortschreiten bis hin zur Dialysepflicht gezielt hinauszögern oder gegebenenfalls sogar verhindern.
Doch Kritiker, in diesem Falle die ACP (American College of Physicians) meinen, der Nutzen stünde nicht im Verhältnis zu den Kosten bzw. Risiken. Durch regelmäßiges Screening würden gesunde Menschen zu zahlreichen Untersuchungen gezwungen. Man befürchtet eine Überdiagnostizierung, das Risiko falsch positiver Ergebnisse und unnötige Behandlungen von eigentlich Gesunden, die schwerwiegende Folgen nach sich ziehen könnten. Derzeit wird das Screening von asymptomatischen Erwachsenen ohne Risikofaktoren nicht empfohlen. Auch für eine antihypertensive Therapie mit ACE-Hemmern oder Angiotensin-Rezeptor-Blockern liegen in den USA keine Screening-Empfehlungen vor, unbeachtet, ob Diabetiker oder nicht.
Liebe Kollegen, halten Sie diese Empfehlungen tatsächlich noch für zeitgemäß? Wie auch die ASN konstatierte, erhöhen chronische Nierenerkankungen auch in milden Stadien die Mortalitätsrate. Vor allem in der stationären Behandlung stellen nephrotoxische Medikamente, Kontrastmittel, Sepsis und OPs ein Risiko für ein akutes Nierenversagen dar. Sollte man die Screeningmethoden daher nicht auch in Deutschland ausweiten?
Weitere Quellen:
http://www.nephrologynews.com/articles/109817-asn-disagrees-with-new-guidelines-says-adults-should-be-screened-for-kidney-disease
Ein Team von Neurologen in Cambridge konnte in einer Studie bei einem Patienten mit apallischem Syndrom dessen Aufmerksamkeit mittels EEG nachweisen. Bei der Studie wurden 21 Patienten im „vegetative state“, also im Wachkoma, als auch Patienten im „minimal conscious state“ (können zum Teil mit Augenbewegungen reagieren) untersucht. Mittels Elektronenencephalogramm (EEG) wurde vor allem auf spezielle P300-Wellen geachtet, welche nach einer Stimulation von außen 300 Millisekunden verzögert abgeleitet werden können. Dabei unterscheidet man eine frühe P3a-Welle, welche sich auch in bewusstlosen Patienten findet, und eine spätere P3b-Welle, welche einen Wachzustand voraussetzt, da sie ein Zeichen für das aktive Verarbeiten von Informationen ist.
Bei einem Test wurden den Probanden eine Reihe von Wörtern akustisch dargeboten, wobei sie auf die Worte „ja“ und „nein“ achten sollten. Bei einem 23 jährigen Patienten, der sich nach einem schweren Schädel-Hirn-Trauma im „vegetative state“ befand, konnten P3b-Wellen nachgewiesen werden, welche eindeutig der Bearbeitung der Aufgabenstellung zugeordnet werden konnte. Ein weiterer Test im Kernspintomographen konnte eine erhöhte Aktivität im supplementär motorischen Kortex nachweisen, während der Patient sich vorstellen sollte, Tennis zu spielen. Auch dieses Ergebnis weist seinen Wachzustand nach.
Die Forscher erhoffen sich mit Hilfe des EEGs eine Möglichkeit zur Kommunikation mit Wachkoma-Patienten entwickeln zu können. Wir halten das für eine grandiose Idee, wie vielverpechend klingt das für Sie?
Liebe Kollegen,
trotzdem es nun schon einige Fortschritte im Verständnis und bei der Therapie der RA gibt und bereits verschiedene Biologika zu Verfügung stehen, ist Methotrexat noch immer das Medikament erster Wahl? Es hat die geringsten Nebenwirkungen, solange Folsäure substituiert wird. Im Gegensatz zu den Biologika greift es auch nicht allzu tief in das Immunsystem ein, wodurch die Infektanfälligkeit nicht so ausgeprägt ist wie bei neuen Medikamenten. In seiner Wirkung schlägt es auch noch immer Leflunomid (wobei Leflunomid weniger hepatotixisch zu sein scheint).
Meine Frage an Sie, liebe Kollegen: verschreiben Sie auch noch immer MTX am häufigsten, ob als Monotherapie oder als kombinierte Therapie mit anderen Basismedikamenten? Mich würde auch ihre Einstellung zu alternativer Therapie interessieren. Die entzündungshemmende und schmerzlindernde Wirkung der Teufelskralle wurde bereits in Studien bestätigt. Akupunktur erfreut sich auch steigender Beliebtheit (wobei die Wirksamkeit und Nachhaltigkeit bisher nicht nachgewiesen werden konnte, weshalb ich von der Empfehlung absehe, zumal wenn Patienten gut eingestellt sind). Empfehlen Sie Patienten solche Therapien oder lehnen Sie selbst das eher ab, werte Kollegen?
Dass chronische Entzündungen der Darmmucosa bei der Pathogenese von Tumoren eine Rolle spielen, ist bereits bekannt. Doch nicht nur die Entzündung selbst scheint das Problem zu sein, sondern auch eine veränderte Darmflora zeigt im Mausmodell eine starke Korrelation mit der Krebsentstehung. Um dies genauer zu untersuchen, haben Forscher um Patrick Schloss von der Universität von Michigan in Ann Arbor Mäuse zunächst mit Dextransulfat gefüttert, um eine Entzündung des Darmes zu triggern. Daraufhin wurde den Tieren Azoxymethan intraperitoneal verabreicht, ein Kanzerogen, welches in den Versuchstieren Krebs entstehen ließ. Die Darmflora dieser Mäuse unterschied sich daraufhin deutlich von der gesunder Mäuse (mehr Bacteroides, Odoribacter und Akkermansia-Genera, weniger aus den Familien der Prevotellaceae und Porphyromonadaceae). Interessanterweise entwickelten Mäuse nach vorheriger Antibiose weniger Darmkrebs.
Nach diesen Erkenntnissen verabreichten sie keimfrei gezüchteten Mäuse die Darmbakterien ihrer an Krebs erkrankten Artgenossen. Dabei konnte eine deutliche Risikosteigerung für Darmkrebs beobachtet werden, im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, welche nach ebenfalls keimfreier Zucht, die Bakterien gesunder Mäuse erhielt.
Auf diesem Gebiet gibt es wohl noch immer viel zu lernen und unsere guten Kommensalen scheinen unserem Körper doch mehr zu beeinflussen, als wir es ihnen zutrauen würden. Was machen Sie daraus? Hat vielleicht jemand klinische Erfahrungen mit der Korrelation von Darmflora und Darmskrebs beim Menschen?
Oxytocin ist vor allem als das sogenannte Bindungshormon bekannt. Seine Ausschüttung ist entscheidend für die Vertrauensentwicklung zwischen Mutter und Kind, aber auch zwischen Liebespaaren. Oxytocin könnte aber noch einen interessanten Nebeneffekt haben. An der Universität Duisburg-Essen wurde in einer Studie gerade die potenzielle Wirkverstärkung dieses Hormons auf den Placeboeffekt untersucht. 80 männliche Probanden wurde dabei entweder ein Nasensspray mit Oxytocin oder mit Salzlösung verabreicht. Folgend wurde den Männern an zwei separaten Stellen eine wirkungslose Salbe aufgetragen. Der betreuende Arzt behauptete aber, dass sich an einer Stelle eine schmerzstillende Salbe befände.
Beide Stellen wurden anschließend mit Hitze gereizt. Die Probanden mussten zeitgleich die Schmerzintensität bewerten (anhand einer Visuellen Analogskala). Der Schmerz wurde an jener Stelle als geringer beschrieben, an der die angeblich schmerzlindernde Salbe appliziert wurde (49 gegenüber 59 von 100 Punkten). Dieser Placeboeffekt fiel in der Gruppe die Oxytocin erhalten atte noch deutlicher aus. Die Differenz der Schmerzintensitäten der beiden Untersuchungspunkte betrug hier 12 Punkte im Gegensatz zur Gruppe mit Salzlösung mit lediglich 7 Punkten Unterschied. (Originalpaper: http://jama.jamanetwork.com/article.aspx?articleid=1758733&resultClick;=3 )
Wäre dies nicht eine Option die Therapie mit Placebos sinnvoll zu erweitern?
Schon zum Wintersemester 1999/2000 startete in Berlin parallel zum Regelstudiengang der „Reformstudiengang Medizin“. Ein praxisorientierterer und auf das Problem-Orientierte-Lernen (POL) basierender neuer Studiengang, welcher nun bereits ein Auslaufmodell darstellt.
Seit dem Wintersemester 2010/2011 gibt es in Berlin nun den Modellstudiengang Medizin. Hier sollen theoretische und klinische Inhalte vom ersten Semester bis zum Praktische Jahr verknüpft werden. Die Schwerpunkte liegen im wissenschaftlichen Arbeiten, den Krankheitsmodellen, Wahlpflichtmodulen und der Vermittlung praktischer ärztlicher Fähigkeiten in Untersuchung und Gesprächsführung. Ein Physikum im herkömmlichen Sinne gibt es nicht mehr.
Auch in Düsseldorf startet zum bald beginnenden Wintersemester das neue „Düsseldorfer Curriculum“ mit frühem Patientenbezug und großen Themenblöcken, die jeweils mit schriftlichen Prüfungen abgeschlossen werden. Beispielsweise werden im Block „Der menschliche Körper – Fokus Bewegung“ anhand von typischen Krankheitsbildern die Anatomie des Bewegungsapparates, die Gewebestrukturen und die Hebelgesetze der Physik ebenso wie die körperliche Untersuchung des Bewegungsapparates vermittelt. Die schriftlichen Prüfungen der Themenblöcke aus den ersten drei Studienjahren sowie eine mündliche und praktische Prüfung bilden die Ärztliche Zwischenprüfung.
Es schließen fallbezogene Studien zur Vorbeugung, Diagnostik und Behandlung sowie der zweite Abschnitt der Ärztlichen Prüfung an. Daraufhin folgt die 48-wöchige Ausbildung in Lehrkrankenhäusern und –praxen mit besonderem Fokus auf die Allgemeinmedizin.
Liebe Kollegen, was halten Sie von den Reformen? Ist ein höherer Praxisbezug dem geballten und theoretischen Wissen der herkömmlichen Vorklinik vorzuziehen?
Wer genug Mut und Engagement aufbringt, kann mit der Mittleren Reife und einer abgeschlossenen Berufsausbildung (Mindestabschlussnote 2,5), die inhaltlich mit dem Medizinstudium verwandt ist, das Studium aufnehmen. Auch eine dreijährige Berufserfahrung in diesem Bereich muss vorgewiesen werden können. Weiterhin sind auch Ausgebildete fachfremder Bereiche nicht chancenlos: Wenn sie einen Einstufungstest bestehen, der Kenntnisse auf Abiturientenniveau abfragt oder ein erfolgreiches Probestudium von mindestens einem Jahr nachweisen können. Natürlich ist das abhängig vom Bundesland. Hinzu können Eignungsgespräche und weitere Tests kommen. Auch Zulassungen auf Probe sind möglich. Ohne Hürden ist das alles natürlich nicht und bisher haben nur Göttingen und Mainz Erfahrungen mit Medizinstudenten ohne Abitur. Liebe Kollegen, was halten Sie davon? Ist das ein Schritt, der längst hätte gegangen werden müssen, weil nicht jeder, der ein gutes Abi hat, auch ein guter Arzt wird oder wird sich hier eine Studenten-Zweiter-Klasse-Gesellschaft entwickeln?